Hitzefrei auf Arbeit: Ab wann ist es zu heiß zum Arbeiten?

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Hitzefrei auf Arbeit: Ab wann ist es zu heiß zum Arbeiten?

Datum: 29.08.2025 - Aktualisiert am: 12.09.2025 - Lesedauer: 5 Minuten - Autor: SIGEKO IN DER REGION Redaktion

 

Der Sommer ist da, die Sonne knallt. Im Büro oder auf der Baustelle wird die Hitze schnell zur Belastungsprobe. Viele Arbeitnehmer stellen sich dann die Frage: Gibt es eigentlich ein Recht auf Hitzefrei? Und wenn ja: Ab wann darf man nach Hause gehen?

Die kurze Antwort: Ein klassisches "Hitzefrei", wie Schüler es kennen, existiert in der Arbeitswelt nicht. Dennoch gibt es klare Regeln und Pflichten für Arbeitgeber, sowie verschiedene Schutzmaßnahmen, welche die Arbeit bei hohen Temperaturen deutlich erleichtern.

 


 

Auswirkungen von Hitze auf den Körper

Unser Körper reagiert auf hohe Temperaturen mit einer natürlichen Klimaanlage: dem schwitzen. Doch ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr sinken Konzentration, Leistungsfähigkeit und Kreislaufstabilität.

Folge von Hitze

Auswirkung

FlüssigkeitsverlustMüdigkeit, Schwindel, Trägheit, verminderte Reaktionsfähigkeit
Erweiterte BlutgefäßeBlutdruckabfall
Schlechte Versorgung des GehirnsKopfschmerzen, Konzentrationsprobleme
KreislaufbelastungRisiko für Ohnmacht oder Hitzschlag

 


 

Arbeitsrecht: Temperaturgrenzen am Arbeitsplatz

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet Arbeitgeber, Gefahren am Arbeitsplatz zu vermeiden. Konkreter wird es in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A3.5):

Temperatur im Raum

Maßnahmen laut ASR

> 26 °CZusätzliche Maßnahmen empfohlen (z. B. Jalousien herunter fahren, Lüftung in den frühen Morgenstunden)
> 30 °CWirksame Maßnahmen müssen ergriffen werden (z. B. Nachtauskühlung, Betreibung elektrischer Geräte nur bei Bedarf, Verlagerung der Arbeitszeit in die Morgen- und Abendstunden, Lockerung der Bekleidungsregeln oder Bereitstellung von Trinkwasser)
> 35 °CRaum ist ohne Hitzeschutzmaßnahmen nicht mehr als Arbeitsplatz geeignet

👉 Wichtig: Arbeitnehmer dürfen trotzdem nicht einfach „hitzefrei“ machen. Der Vorgesetzte entscheidet über die Anwendung von Hitzeschutzmaßnahmen.

 


 

Hitzeschutzmaßnahmen im Betrieb

Damit Arbeitnehmer auch bei Sommerhitze gesund und leistungsfähig bleiben, empfehlen Experten folgende Handlungen:

Maßnahme

Beispiele

Hitzeaktionsplan erstellenFrühzeitige Planung, Handlungsanweisungen für akute Hitze z. B. Anpassung der Arbeitszeiten
Raumklima verbessernLüften am Morgen, Klimageräte, Rollos, Pflanzen
Kühle PausenräumeRückzugsorte mit Ventilatoren oder Klimaanlage
Arbeitszeit flexibilisierenArbeitsbeginn am frühen Morgen oder längere Mittagspause, um Arbeit in den heißen Mittagsstunden zu vermeiden
Getränke bereitstellenWasser, Tee und Saftschorlen statt Kaffee/Softdrinks
Dresscode lockernLuftige Kleidung statt Anzug & Krawatte
Erste HilfeMitarbeiter für Hitze-Notfälle sensibilisieren und schulen

 


 

Sonderfälle: Homeoffice & Arbeit im Freien

  • Homeoffice: Gilt nur eingeschränkt. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz offiziell eingerichtet hat, können Teile der Arbeitsschutzpflicht auch zu Hause greifen.
  • Draußen arbeiten: Besonders riskant (z. B. Baugewerbe). Unternehmen müssen Schattenplätze, Sonnensegel oder geänderte Arbeitszeiten anbieten.

Gefahren von Arbeit im Freien

Schutzmaßnahmen

Sonnenstich, HitzschlagSchattenplätze, Sonnensegel, Pavillons, Pausen im Kühlen, schwere Arbeiten in der Mittagszeit vermeiden
UV-StrahlungUV-Schutzkleidung oder Baumwollbekleidung, Sonnencreme, Kopfbedeckung, möglichst viele Körperstellen bedecken
FlüssigkeitsverlustViel Wasser bereitstellen 

 

Lebensgefahr bei extremer Hitze

Arbeit im Freien bei hohen Temperaturen ist nicht nur anstrengend, sondern kann im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Hitzschlag und Sonnenstich sind akute Notfälle, die auch gesunde und trainierte Menschen betreffen können. Laut Angaben der Berufsgenossenschaften hat es in den vergangenen Jahren mehrere Hitzetote auf Baustellen gegeben.

👉 Deshalb gilt: Vorgesetzte müssen rechtzeitig Vorsorge treffen, wenn Hitzetage angekündigt sind. Spätestens ab 26 °C sollten erste Handlungen ergriffen werden. Noch wichtiger: Führungskräfte müssen Warnsignale wie Schwindel, Übelkeit, Verwirrtheit oder Kreislaufkollaps sofort ernst nehmen und Erste Hilfe leisten.

Symptom einer Hitzeerkrankung

Mögliche Folge

Starker Schwindel, Übelkeit, Ohnmacht, evtl. Wasseransammlungen in den BeinenHitzekollaps
Fieber (oft über 40°C), Verwirrtheit, flache Atmung, heiße Haut, BewusstseinsstörungenHitzschlag (lebensgefährlich)
Kopfschmerzen, Nackensteife, Übelkeit, geröteter & heißer Kopf, Unruhe, in manchen Fällen FieberSonnenstich
BewusstlosigkeitAkuter Notfall, Gefahr für Leben

Damit es gar nicht erst so weit kommt, sind präventive Hitzeschutzmaßnahmen entscheidend: Sonnenschutz, angepasste Arbeitszeiten, Pausen im Schatten und viel Trinkwasser.

 


 

Zuschüsse für Hitzeschutz: Antragstellung bei der BG BAU

Unternehmen im Baugewerbe können finanzielle Unterstützung für Hitzeschutzmaßnahmen erhalten. Zuständig ist die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), die bis zu 50 % der Anschaffungskosten fördert.

 

Wer kann den Zuschuss beantragen?

  • Gewerbliche Mitgliedsbetriebe mit einem umlagepflichtigen Beitrag von mind. 100 € im Vorjahr
  • Ein-Personen-Unternehmen mit freiwilliger Versicherung (bis zu 250 € jährlich)
  • Die Höhe der Förderung richtet sich nach der Beitragshöhe des Betriebs (Stufensystem A–E). Beispiel: Stufe A (100–250 € Beitrag) → max. 100 € Prämie. Höhere Stufen ermöglichen entsprechend größere Zuschüsse

 

Ablauf der Antragstellung

Schritt

Erläuterung

1. AnschaffungFörderfähige Schutzausrüstung (z. B. Kühlwesten, Sonnensegel) kaufen
2. Frist beachtenRechnungen müssen innerhalb von 365 Tagen nach Kauf eingereicht werden
3. Antrag stellenOnline per Formular bei der BG BAU
4. Nachweise einreichenRechnungskopie und ggf. zusätzlicher Fragebogen (z. B. für Kühlkleidung)
5. BearbeitungKein Rechtsanspruch, Anträge werden nach Eingangsreihenfolge geprüft

 

Welche Maßnahmen sind förderfähig?

Die BG BAU übernimmt anteilig die Kosten für folgende Produkte (nur aus dem offiziellen Prämienkatalog):

Produkt

Max. Zuschuss

Kühlwestenbis 100 €
UV-Funktions- & Warnshirtsbis 30 €
Sonnenbrillenbis 20 €
Helm-Zubehör (z. B. Nackenschutz)50 % der Kosten
Kopfbedeckungen mit Krempe/Nackenschutz50 % der Kosten
Wetterschutzzelte, Sonnensegelbis 50 % der Kosten

👉 Tipp: Da der Zuschuss nach Eingang der Anträge vergeben wird und kein Rechtsanspruch besteht, sollten die Unterlagen möglichst frühzeitig eingereicht werden.

 

Praxisbeispiel: So viel lässt sich sparen

Ein kleiner Malerbetrieb mit 2 Beschäftigten möchte seine Mitarbeiter im Sommer besser schützen. Er kauft:

  • 2 Kühlwesten (je 120 €) → Förderung: 200 € (2 × 100 €)
  • 2 Sonnensegel für Baustellen (je 300 €) → Förderung: 300 € (50 % der Kosten)
  • 2 UV-Schutzshirts (je 40 €) → Förderung: 60 € (2 × 30 €)

👉 Gesamtkosten: 920 €
👉 Übernahme durch BG BAU: 560 €
👉 Eigenanteil des Betriebs: nur 360 €

So können selbst kleine Unternehmen mit überschaubarem Budget ihren Mitarbeitern spürbar besseren Hitzeschutz bieten.

 


 

Konsequenzen, wenn der Arbeitgeber nichts gegen Hitze unternimmt

Auch wenn die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) rechtlich nicht bindend sind, dienen sie als Maßstab dafür, was zumutbarer Arbeitsschutz bedeutet. Ignoriert ein Arbeitgeber die Hinweise und kommt es zu gesundheitlichen Problemen oder gar Unfällen, muss er nachweisen, dass er seine Mitarbeiter geschützt hat. Gelingt ihm das nicht, drohen ernste Folgen: Von Bußgeldern über Schadensersatzansprüche bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr (§ 26 ArbSchG), falls eine vorsätzliche Gefährdung von Gesundheit oder Leben nachgewiesen wird. Für Unternehmen lohnt es sich also doppelt, frühzeitig wirksame Hitzeschutzmaßnahmen umzusetzen: Für die Sicherheit der Belegschaft und um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

 


 

Gibt es ein Recht auf Hitzefrei?

Nein, ein allgemeines Recht auf Hitzefrei gibt es nicht.
Ja, individuelle Regelungen sind möglich z. B. durch Betriebsvereinbarungen oder freiwillige Entscheidungen des Vorgesetzten.

Im Klartext: Wer die Arbeit bei hohen Temperaturen einfach einstellt, riskiert eine Abmahnung. Fühlt man sich jedoch gesundheitlich beeinträchtigt, kann ein Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.

 


 

Fazit

Ein gesetzlicher Anspruch auf Hitzefrei existiert nicht, aber spätestens ab 30 Grad im Büro oder auf der Baustelle muss der Arbeitgeber handeln. Ab 35 Grad ohne Maßnahmen ist der Arbeitsplatz nicht mehr zumutbar.

Was hilft? Präventive Hitzeschutzmaßnahmen, ein verständnisvoller Chef und manchmal ein früher Feierabend mit einem Eis in der Hand, was sich so anfühlen kann, wie das Hitzefrei von damals.

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